Viele Konflikte, egal ob internationale, geschäftliche oder private, haben ihre Ursache in den unterschiedlichen Werten bzw. Glaubenssätzen, die jemand verinnerlicht hat. Solche Wertkonflikte erkennt man leicht an dem Wörtchen „man“.
Als Kinder mußten wir zum Beispiel allzu oft vor dem Satz kapitulieren: „Das macht man nicht“. Das „man“ als verallgemeinerte, scheinbar unantastbare mentale Reliquie erstickte fast jeden Widerstand im Keim, vor allem, wenn es auch noch mit hochgezogenen Augenbrauen, dem drohenden Zeigefinger und einem entsprechenden abfälligen oder Strafe androhenden Ton verbunden war. Als Kind hatte man selten eine Wahl: entweder anpassen, sich also geistig knebeln lassen, um dafür Lob und Liebe zu bekommen, oder aber verweigern. Machte man dies offen, gab es Hiebe oder Liebesverlust. Machte man es versteckt, wurde man zu einer gespaltenen Persönlichkeit. Nach außen freundlich und angepaßt, innerlich berstend. Was man weder so noch so erreichte, war Verständnis, Einsicht und damit ein kooperatives Miteinander. Sind Sie an einer solchen Kommunikation mit Ihrer Umwelt interessiert, tun Sie gut daran, sowohl Ihre eigenen Werte und Glaubenssätze zu kennen und als subjektive Wahrheit zu identifizieren, als auch die Wert(konflikt)e anderer entsprechend einfühlsam zu behandeln.
Das heißt, wenn immer das Verhalten einer anderen Person Sie ärgert oder betroffen macht, ohne daß Ihre Bedürfnisse beeinträchtigt sind, handelt es sich um einen solchen Wertekonflikt (im Gegensatz zum Bedürfniskonflikt). Zwei Beispiele:
a) Ihr Partner raucht auf der Terrasse eine Zigarette. Sie ärgern sich, weil er seine Gesundheit ruiniert oder diesem Zwang so wenig entgegensetzt.
b) Ihr Partner raucht im Wohnzimmer und Sie fühlen sich unwohl in der verrauchten Luft
a) Ihr Sohn läuft in diesen unsäglich weiten und viel zu großen Hosen herum. Es ist Ihnen peinlich, wenn er so durch die Stadt geht
b) Sie müssen daher jeden zweiten Tag die Hose waschen bzw. alle drei Wochen eine neue Hose für ihn kaufen
Bei a) sind Sie nicht betroffen, aber Ihre Werte sind tangiert. Daher ärgern Sie sich, reagieren entsprechend vorwurfsvoll oder ironisch und der Streit ist vorprogrammiert.
Bei b) handelt es sich um einen Bedürfniskonflikt, wo Sie ein Recht haben, Ihre Gefühle und Ihren Ärger zu äußern, um eine gemeinsame Lösung zu finden, die auch auf Ihre Bedürfnisse Rücksicht nimmt (wie man das optimal macht, später). Bei a) geht es um Wertkonflikte und die müssen anders behandelt werden. Sie müssen sich erst einmal die Frage gefallen lassen müssen: „Wer hat das Problem? Oder wer macht sich ein Problem?“ Die Antwort lautet natürlich: Sie! Nur meistens wollen wir das nicht wahrhaben, weil nach unserem Weltbild oder unserer Überzeugung man so etwas nicht macht bzw. nicht machen sollte. Hier rührt sich die eigene Verdrängung, da ein anderer etwas tut, das Sie (vielleicht) unterdrücken mussten.
Da hilft statt Überstülpen Ihres eigenen Weltbildes nur Verstehen und Akzeptieren (lernen). Und das kann man durch ruhiges, neugieriges (nicht vorwurfsvolles) Nachfragen am besten erreichen. In unserem Beispiel durch: “Was gibt Dir diese Zigarette jetzt? Wozu brauchst Du sie? Warum ist es Dir so wichtig, solche Hosen zu tragen?“ Solchermaßen nachgefragt setzen Sie einen konstruktiven Dialog in Gang, der eventuell auch den anderen zum Nachdenken anregt. In jedem Fall fördern Fragen die Verständigung und das Verständnis mehr als Vorwürfe und Bewertungen, die eh nur darauf hinauslaufen, daß der andere sich ändern soll, damit Sie sich nicht ärgern (und in Frage stellen) müssen.
Klar, dass der andere das unterschwellig merkt, denn für Abwertungen, Ablehnungen und Aufforderungen zur Verhaltensänderungen haben wir alle einen 6. Sinn. Die Lösung liegt also in der Anerkennung und Würdigung der Werte und Bedürfnisse des anderen. Sich selbst können Sie durch die Frage entspannen: „Ist das wirklich wahr? …. so schlimm? …. so unmöglich?
Sind Sie selbst in der umgekehrten Position, dass man Ihnen mit aggressivem oder ironischem Vorwurfston ein „man (oder Sie) sollte …“ um die Ohren gehauen hat, gibt es folgende Lösungsvarianten:
a) die konfrontative:
Wer sagt das? Woher wissen Sie das? Stimmt das wirklich so?
b) die diplomatische:
Was stört Sie daran?
c) die verständnisvolle:
Es scheint Sie zu stören, zu ärgern, zu irritieren, dass …. oder „Ich kann mir vorstellen (verstehen), dass Sie das ärgert, stört, irritiert … ! Pause! – Darf ich dir sagen, wie es mir damit geht?
Sollte Ihr Kind Sie also jemals bei einer „Das-macht-man-nicht-Aussage“ unschuldig fragen: „Wieso?“, dann erklären Sie es ihm, wenn Sie können – oder hinterfragen und ändern Sie Ihre Einstellung. Als Dank erhalten Sie ein mündiges, selbständig denkendes Kind und Sie entwickeln sich zum verständnisvollen, den Anderen in seiner Einzigartigkeit und Eigenständigkeit würdigenden Menschen.